Die Schule hat in manchen Bundesländern bereits wieder begonnen bzw. wird bald wieder beginnen. Erdnüsse oder Nüsse werden von Influencern nicht nur für die Urlaubsreise als gesunder Snack gehyped sondern auch immer öfter als perfekter Schulsnack. Dann gibt es natürlich auch noch das Stickers oder die Haselnusscreme als beliebte Süßigkeit in der Schule. – Und mittendrin unsere Erdnuss- oder Nussallergiker. Da stellen wir uns als betroffene Eltern natürlich die Frage: ist unser Kind nur noch in einer Erdnuss oder Nuss freien Schule gut aufgehoben?
Als Eltern wünschen wir uns nichts sehnlicher, als einen unbeschwerten risikolosen Schulalltag für unsere Kinder!
Dieser Frage hat sich auch die DGKI (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie) in einem Positionspaper angenommen und versucht, die klaren Fakten herauszuarbeiten. Das finde ich super, denn als selber Betroffene sehen wir ja mit unserem Herzen. Mir helfen dann immer klare Fakten.
Also, was sagt das Paper. Lange Rede – kurzer Sinn, es spricht sich gegen die Einrichtung einer erdnussfreien Schule aus. Warum?
Die Erwartungshaltung der Eltern ist hoch
Wir gehen davon aus, dass nur in der erdnussfreien Schule unser Kind an einem Geschützen Ort ist. Alle anderen Schulen sind ungeschützt Orte, an denen unser Kind nicht lernen sollte. Da nicht alle Schulen erdnussfrei sind, bleiben oft wenige Alternativen und unsere Kinder haben oft keine freie Schulwahl, wenn es um die Wahl der Schule geht. Kinder sollten aber frei wählen können, je nach Interessen und Fähigkeiten und nicht danach, ob die Schule erdnussfrei ist – oder eben nicht.
Unverständnis seitens der Mitschüler
Diesen Punkt dürfen wir nicht ignorieren, über diesen Punkt dürfen wir nicht hinweg sehen. Thema Mobbing. Nicht alle Schüler der Schule bzw. deren Familien zeigen Verständnis oder akzeptieren das Erdnussverbot. Wir wissen alle nicht, was in anderen Familien gesprochen wird- aber viele von uns kennen die Folgen, wenn nicht betroffene Eltern sich zu Hause in Gegenwart ihrer Kinder aufregen, dass in der Schule wegen einem Kind keine Nüsse gegessen werden dürfen.
Das ist ein Punkt, der unangenehm ist und der gerne bei diesem Thema verschwiegen wird. Aber Dein Allergiekind wird in der Schule das Kind sein, wegen dem die gesamte Schule auf etwas verzichten muss. Egal, ob man auch gut ohne Nüsse als Snack in der Schule leben kann oder nicht. Das kann für Dein Kind ein Problem werden, von dem auch ältere Betroffene immer wieder berichten.
Fehleinschätzung einer Reaktion
Ein ganz großes Problem ist die Fehleinschätzung einer möglichen Reaktion. Jeder fühlt sich “sicher” und wenn das Allergiekind mit allergischer Symptomatik beginnt, wird im Zweifel nicht korrekt gehandelt. Denn die Lehrer gehen davon aus, dass es keine allergische Reaktion sein kann, weil der Allergieauslöser nicht in der Schule ist. Das ist aber oft eine falsche Sicherheit in der wir uns wiegen.
US Studien zeigen: keine Reduktion schwerer Reaktionen an erdnussfreien Schulen
Die Häufigkeit von schweren Reaktionen an erdnussfreien Schulen in den USA ist nicht geringer, als in Schulen in denen Erdnuss verzehrt wird.
Das Einzige, was sich in Schulen als vorteilhaft herausgestellt hat, sind erdnuss- oder allergenfreie Tische in Schulkantinen. ABER ich bitte noch einmal zu bedenken: Kinder können grausam sein. US amerikanische Patientenorganisationen berichten, dass Eltern erdnussallergischer Kinder vermehrt Ärzte darum bitten, Bescheinigungen auszustellen, damit ihre Kinder freie Platzwahl in der Schule mit allegenfreien Tischen haben.
Das sind die harten Fakten der DGAKI. Ich finde, wirklich einleuchtend.
Aber was machen wir dann, damit unser Kinder mit Nahrungsmittelallergie in der Schule gut aufgehoben sind?
Schule Dein Kind!
Erkläre ihm wirkliche Gefahrensituationen. Was stellt wirklich ein Risiko in der Schule dar? Ich erlebe in der Beratung oft, dass Eltern so Angst vor dem Unsichtbaren haben. Vor Türgriffen, Stiften oder Tischen, die auch von Kindern angefasst werden, die den Allergieauslöser essen.
Das ist keine realistische Gefahr! Minimale, unsichtbare Mengen auf der Haut lösen keine Anaphylaxie aus. Die meisten kleinen Allergiker werden das gar nicht merken. Ein ganz kleiner Teil wird evtl. ein paar kleine Quaddeln an der Hand bekommen. Schule Dein Kind, wie es in dem Fall reagiert aber schule es, dass der Allergiauslöser kein unsichtbarer Feind ist.
Schule Dein Kind auf das wirkliche Risiko!
Natürlich besteht ein Risiko. Dein Kind sollte keine Snacks von anderen Kindern annehmen. Vor allem dann nicht, wenn es noch keine Zutatenlisten / Spurenhinweis lesen kann. Auch Kuchen bei Geburtstagen isst meine Tochter nicht. Sie bedient sich stattdessen an ihrer Süßesbox und hat sich noch nie deswegen ausgegrenzt gefühlt.
Auch sollte Dein Kind keine Mitschüler aus ihrer Wasserflasche trinken lassen.
Keine Angst vor Reaktionen über die Luft
Bitte beschäftige Dich mit dem Thema vor allem, wenn Du ein Kind mit Erdnuss / Nussallergie hast. Dazu werde ich einen eigenen Blogbeitrag schreiben, weil es so wichtig ist. Aber hier schon einmal in Kürze:
Studien können schwere Reaktionen über die Luft nicht nachstellen. Es scheint so, dass man über die Luft nicht so viel Erdnussprotein einatmen kann, dass es zu einer Anaphylaxie kommt. Leichte Reaktionen werden selten berichtet. Diesen kann aber mit entsprechender Medikation schnell Abhilfe geschaffen werden.
Was aber passieren kann, ist eine Angstreaktion, wenn wir z.B. unsere Kindern nicht gut zu dem Thema aufgeklärt haben. Diese Angstreaktionen können allergischen Reaktionen ähneln. Bitte gehe bei diesem Thema sehr vorsichtig mit Deinem Kind um und überlege gut, was Du ihm sagst. Wenn Du dazu unsicher bist, dann lasse Dich bitte beraten. Ich weiß, dass es ein Thema ist, dass Angst machen kann.
Schule die Lehrer zur Allergie
Das ist das Wichtigste, damit unsere Kinder in der Schule sicher sind! Die Lehrer sollten die Allergie Deines Kindes kennen, Symptomatik und wie die Medikamente anzuwenden sind.
Du bist Spezialist, wenn es um die Allergie Deines Kindes geht und Du musst Experte im Notfallset sein! Daher kannst Du sehr gut die Lehrer selber schulen. Denn dann machst Du es auch regelmäßig, am Besten zu jedem neuen Schuljahr.
Koch- und Backaktionen können allergenfrei gestaltet werden
Hier müssen unsere Allergiekinder nicht ausgeschlossen werden. Im Sinne des Miteinanders kann jede Koch- und Backaktion in der Schule allergenfrei gestaltet werden.
Mein Fazit: Loslassen lernen fällt gerade bei einem Allergiekind schwer. Oft haben wir das Gefühl, das Kind ist nur bei uns Eltern “sicher”. Aber ich für mich bzw. für meine Tochter glaube, dass eine allergenfreie Schule nicht der richtige Weg ist, sie auf das Leben mit der Allergie vorzubereiten. Die Welt ist kein allergenfreier Raum und vermeintlich allergenfreie Räume sind noch lange nicht sicher. Daher möchte ich, dass meine Tochter lernt, sich in einer Welt, so wie sie in der Realität ist, mit der Allergie zurecht zu finden. In der Schule hat sie Lehrer, die gut geschult sind und Freunde, die ihre Allergie kennen. Für mich ist das ein gutes Umfeld für sie, um geschützt für das Leben zu lernen.
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